COP-27: Das Temperaturziel 1.5°C ist in weite Ferne gerückt

Die UN-Klimakonferenz (COP-27) in Ägypten ist vorbei. Wir gehen davon aus, dass das Temperaturziel von 1.5°C kaum mehr zu erreichen ist. Was heisst das für Impact-Portfolios mit Fokus auf Energie?

Inhaltsverzeichnis:

  • Was an der UN-Klimakonferenz COP-27 (nicht) beschlossen worden ist
  • Welche Schwächen das COP-Konzept aufweist
  • Welche Verbesserungen sich wiLLBe an der COP wünscht
  • Welche Auswirkungen COP-27 auf erneuerbare Energien hat
Sauberes Wasser

Vom 6. bis 18. November 2022 fand in Sharm-El-Sheikh die 27. UN-Klimakonferenz statt. Vor dem Hintergrund stark steigender Energiepreise, einer rekordhohen CO₂-Konzentration und einer zunehmenden Häufung extremer Wetterereignisse wollte die COP-27 einen Beitrag leisten, um das Pariser Abkommen umzusetzen. Unserer Ansicht nach ist der Konferenz dieses Vorhaben bestenfalls teilweise gelungen. Erstmals sind nach der COP-Konferenz sehr kritische Stimmen laut geworden, die wir gut nachvollziehen können.

Erfolgskriterien von COP-Konferenzen 

Den Erfolg der Klimakonferenz COP-27 messen wir anhand von drei Erfolgskriterien:

  1. Verschärfung der Commitments mit Fokus auf die Temperaturziele von 2°C resp. 1.5°C. In dieser Hinsicht ist ein Ausstieg aus fossilen Brennstoffen unabdingbar.
  2. Einigung zur Finanzierung der Energiewende in den Industrie- und Schwellenländern.
  3. Lösungsvorschläge für die Entschädigung für Klimafolgen.
«Ein Ausstieg aus fossilen Energieträgern wird weiter vertagt und wohl auch an der COP-28 nicht kommen. China baut seine Kohlekraftwerke sogar aus.» 
Portrait Javier Lodeiro
Javier Lodeiro
Experte für Impact Investing bei wiLLBe

Kein Ausstieg aus fossilen Energieträgern 

Der Ausstieg aus fossilen Brennstoffen ist wichtig, um den Temperaturpfad unter 2°C halten zu können. Einige Länder haben zwar die Reduktionsziele für CO₂-Emissionen erhöht, als richtig bahnbrechend können wir diese aber nicht bezeichnen.

An der COP-27 wurde kein Ausstieg aus fossilen Energieträgern angekündigt. Länder wie Saudi-Arabien haben sich – unterstützt von China – entschieden dagegen gewehrt. Der COP-27 wird vorgeworfen, dass das Lobbying seitens der Erdölfirmen zu stark gewesen sei. Einzelne Stimmen beklagen sich über die Nähe zwischen dem Gastgeberland und den Erdölländern. Ein Ausstieg aus fossilen Energieträgern wird wohl auch an der COP-28, die in den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) stattfinden wird, nicht angekündigt werden. 

China baut seine Kohlekraftwerke sogar aus

China geht wie bisher davon aus, sein Netto-Null-Ziel im Jahr 2060 zu erreichen. Das Land erwartet, dass seine Treibhausgas-Emissionen 2030 den Höhepunkt erreichen. China emittiert aber heute 31% der globalen Treibhausgase, nicht zuletzt dank der Kapazität seiner Kohlekraftwerke. Vom weltweit geplanten Ausbau der Kohlekraftwerke um 300 GW befinden sich 197 GW in China. Obwohl eine Reduktion der Treibhausgasemissionen wünschenswert wäre, wird die fossile Abhängigkeit erhöht. Das sagt alles.

Hauptszenario einer Erwärmung von 2–4°C bleibt bestehen

Chart: Hauptszenario einer Erwärmung von 2–4°C bleibt bestehen
Quelle: Aurora (September 2022)

Finanzierung der Energiewende ist entscheidend

Die Finanzierung der Energiewende ist der Dreh- und Angelpunkt der Herausforderungen durch die Klimaerwärmung. Die UNO schätzt die für die Energiewende notwendigen Investitionen auf USD 2.5–4.0 Billionen pro Jahr, um das Netto-Null-Ziel zu erreichen. Ein bedeutender Teil der Investitionen soll in den Schwellen- und Entwicklungsländern stattfinden. 

Angesichts dieser enormen Investitionen bedarf es eines koordinierten Vorgehens, das einerseits genügend finanzielle Mittel bereitstellt und andererseits die Projekte mit den grössten Emissionsreduktionen identifiziert. Nicht nur die Finanzierung, sondern auch Technologietransfers sollten zentral organisiert werden. Diesbezüglich gab es an der COP-27 keine Fortschritte zu vermelden. 

Ankündigung von verschiedenen Staatskooperationen

Hingegen konnten wir einige Kooperationen zwischen ausgewählten Ländern beobachten. Das ist ein Schritt in die richtige Richtung, dem aber noch viele weitere Schritte folgen müssen.

Die USA haben am 9. November angekündigt, ein neues Programm «Energy Transition Accelerator» (ETA) ins Leben zu rufen. Gemeinsam mit der Rockefeller Foundation und dem Bezos Earth Fund wollen sie die Energietransformation in ausgewählten Ländern finanzieren. Es handelt sich um ein «Voluntary-Carbon-Offset-Schema». Unternehmen finanzieren die Energietransformation der ärmeren Länder und erhalten CO₂-Guthaben. Nur Unternehmen mit Netto-Null-Zielen können sich an diesem Projekt beteiligen. Für uns ist dieses Projekt ein Schritt in Richtung Finanzierung der Energiewende.

Deutschland und Kenia wollen eine Klima- und Entwicklungspartnerschaft abschliessen. Das Ziel ist, dass das afrikanische Land bis 2030 den Anteil erneuerbarer Energien von 90 % auf 100 % erhöht. Die Erhöhung um 10 Prozentpunkte ist nicht gerade ambitioniert, die Partnerschaft umfasst, aber andere interessante Elemente: 

  • So soll die Wasserstoffwirtschaft vorangetrieben werden. 
  • Bis 2032 sollen 30 % der Landesfläche von Bäumen bedeckt sein. Das ist für die Biodiversität ein wichtiger Fortschritt. 

Es gibt weitere Abkommen zwischen reichen Ländern und Schwellenländern mit Hauptfokus Klimaprojekte. 

  • Ägypten und Grossbritannien haben eine Vereinbarung in Höhe von USD 1.5 Milliarden unterzeichnet. 
  • Indonesien hat mit Japan vereinbart, USD 15–20 Milliarden in Klimaprojekte zu investieren. 
  • Frankreich, Deutschland, Grossbritannien, die EU und die USA werden einen noch unbekannten Betrag in die Energiewende Südafrikas investieren. 

«Loss & Damage»-Fonds mit Geburtswehen

Die Länder ausserhalb der G20 emittieren lediglich 20 % der Treibhausgase, leiden aber stark unter den Klimafolgen. Die Weltbank schätzt beispielsweise die Flutschäden in Pakistan auf USD 40 Milliarden. Die ärmeren Länder müssen für diese Schäden selber aufkommen, weshalb sie seit Jahrzehnten einen entsprechenden Fonds für Ausgleichszahlungen fordern. In letzter Sekunde konnte sich die COP-27 darauf einigen, einen Fonds zum Ausgleich von Klimaschäden aufzulegen. 

G20 für Grossteil der CO₂-Emissionen verantwortlich

Chart: G20 für Grossteil der CO2-Emissionen verantwortlich
Quelle: www.ourworldindata.org

An der COP-27 wurde zwar entschieden, dass der sogenannte «Loss & Damage»-Fonds eingerichtet wird, aber die wirklich schwierigen Fragen wurden auf die COP-28 geschoben (Finanzierung, die Identifizierung der Sponsoren und Beiträge sowie mögliche Nutzniesser). Aus Europas Sicht sollte dieser Fonds beispielsweise China nicht zugutekommen. Die entsprechenden Diskussionen an der COP-28 werden sicher sehr intensiv sein.

Das COP-Konzept unter Druck

Die Klimakonferenz in Sharm-el-Sheikh hat die Schwächen des heutigen COP-Konzeptes klar aufgezeigt. Einerseits war die Öl-Lobby sehr stark vertreten, andererseits gab es hinsichtlich wichtiger Erfolgskriterien (Verschärfung der Reduktion der Emissionen sowie Finanzierung der Energietransformation) keine Fortschritte. 

Die Kritik am COP-Konzept war noch nie so laut wie in diesen Tagen. Die COP-28 wird in den VAE stattfinden, die Öl-Lobby dürfte dort noch stärker als in Ägypten präsent sein. Ein Ausstieg aus den fossilen Energien erscheint erst an der COP-29 im Jahr 2024 denkbar.

Im Folgenden ein paar Gedanken zur Verbesserung des COP-Konzeptes:

  • Ein Klimakonsens soll innerhalb der G20-Länder gesucht werden, die für 80 % der Treibhausgase verantwortlich sind. Für die restlichen 20 % können anschliessend Lösungen gesucht werden.
  • An COP-Konferenzen sollen zwingend alle G20-Staatsoberhäupter präsent sein.
  • Die jährliche Überarbeitung der nationalen Reduktionsziele muss zwingend vorgegeben werden, solange das Temperaturziel 2.0°C resp. 1.5°C ausser Reichweite ist.
  • Die Vereinbarungen und Ankündigungen sollen rechtlich bindend sein, ansonsten bleiben alle Zusagen ohne Umsetzung.
  • Die Finanzierung der Energiewende für ärmere Länder ist wichtig. Ein zentral organisierter Fonds mit umfassenden Kompetenzen erscheint uns erfolgsversprechender (Finanzierung, Projektidentifizierung, Technologietransfer).

COP-27 ohne Auswirkungen für Investment Cases von Impact-Aktien

Das Erreichen des Temperaturpfades von 1.5°C erscheint immer unwahrscheinlicher, umso wichtiger ist die Erreichung des 2.0°C-Ziels. Die COP-27 hat die Investment Cases von Impact-Aktien nicht beeinträchtigt. Im Gegenteil: Die bestehende Regulierung schreibt immer mehr klimafreundliche Produkte und Dienstleistungen vor. Aggressive Ausbaupläne von erneuerbarer Energie sind vorhanden. Eine zunehmende Zahl von Investoren achtet bei Investitionsentscheiden auf klimafreundliche Lösungen. 

Die Tatsache, dass die Politiker die fossilen Energiequellen nicht ablösen wollen oder können und sich die CO₂-Konzentration in der Luft stetig erhöht, kann nicht wegdiskutiert werden. Ohne erneuerbare Energien ist ein Temperaturpfad von 2.0°C oder tiefer nicht möglich. Deshalb bleiben erneuerbare Energien ein zunehmend wichtiger Bestandteil jedes Anlageportfolios.

Portrait Javier Lodeiro

Javier Lodeiro

Experte für Impact Investing bei wiLLBe

Egal, ob es um erneuerbare Energien, nachhaltige Anlagen oder Biodiversität geht, Javier Lodeiro behält den Durchblick. Als LLB-Fondsmanager und langjähriger Finanzanalyst verfolgt und analysiert er bei der LLB die Nachhaltigkeitstrends. Javier begleitet dich auf deinem Weg als Investor:in mit Impact gerne mit Hintergründen und praktischen Tipps, damit wir nachfolgenden Generationen gemeinsam eine möglichst intakte Welt übergeben können.