Stagflation und nachhaltige Investments – was gilt es zu beachten?

Stagflation 2.0 im Jahr 2023 – vier Antworten auf ein Thema, das die Nachhaltigkeit bestimmen wird.

Inhaltsverzeichnis:

Alle reden von Stagflation – was bedeutet dies?

Das Gespenst der Stagflation geht um, also einer Stagnation und Inflation zugleich. Stagflation bedeutet, dass die Preissteigerungen weitergehen, während die Wirtschaft sich abkühlt beziehungsweise nicht mehr wächst. Eine Stagflation kommt glücklicherweise selten vor.

Das letzte Mal war das Phänomen in den 1970er-Jahren zu beobachten, als der Ölpreis stark anstieg und mit ihm die Inflation. Konsument:innen bekamen diese Entwicklung durch Preissteigerungen auf breiter Front zu spüren.

Dadurch wurde gleichzeitig das Wirtschaftswachstum abgewürgt – die Stagflation war da.

Inflationsraten von 1970 bis 1985

Chart: Inflationsraten von 1970 bis 1985
Quelle: LLB, Bloomberg

 

Die Dauer einer Stagflation und das Ausmass ihrer Auswirkungen auf die Wirtschaft ist ungewiss, denn sie hängt insbesondere von den darauffolgenden Inflationserwartungen ab.

Wird die Inflation beispielsweise als dauerhaft eingeschätzt, kann sie über hohe Lohnabschlüsse bei den Arbeitnehmenden zu einer sogenannten Lohn-Preis-Spirale führen – und die vorherrschende Lage weiter verschlechtern.

US-Inflationszahlen - November 2022

Chart: US-Inflationszahlen 2022
Quelle: Interactive Investor, CME Group

 

War in den 1970er-Jahren der Ölpreis der Haupttreiber für die Inflation, ist die heutige Situation vielschichtiger. Unter anderem globale Lieferkettenprobleme, der Ukrainekrieg und die unterdurchschnittlich tiefen Investitionsausgaben bei den Ressourcengewinnen der letzten Jahre haben zum kräftigen Anstieg der Inflation im ersten Halbjahr 2022 geführt.

Deshalb gehen immer mehr Marktteilnehmer:innen davon aus, dass der breit angelegte Preisanstieg die Wirtschaft über den Angebotsschock in der Art beschädigen kann, dass eine Stagflation die Folge sein könnte.

Wie können sich Anleger vor Stagflation schützen?

Die hartnäckig hohe Inflation bringt die Zentralbanken in Bedrängnis. Aus Sicht der Märkte ist eine entschlossenere Straffung der Geldpolitik notwendig, um die Inflation wieder unter Kontrolle zu bringen. Damit steigen die konjunkturellen Risiken.

Die jüngsten Inflationszahlen in den USA und der Eurozone haben die Befürchtung bestätigt, dass das aktuelle Inflationsproblem hartnäckiger ist und sich länger hinziehen könnte, als die jüngsten Prognosen von Weltbank und OECD voraussagen. Aus Sicht der Märkte müssen die Notenbanken die Zinsen rascher erhöhen, um die Inflation wieder in den Griff zu bekommen.

Unter der Annahme einer Preiskonsolidierung an den Rohstoffmärkten dürfte der Preisdruck in den USA im Verlauf des ersten Halbjahres 2023 abnehmen. In der Eurozone und in der Schweiz ist mit dem Inflationshöhepunkt allerdings erst gegen Ende des Jahres zu rechnen.

Was das Erreichen der Inflationsziele betrifft, ist unter anderem massgebend, wie sich in den rohstoffimportierenden Ländern der diesjährige negative Schock verteilen wird. Sollte das wie in den 1970er-Jahren vor allem zulasten der Unternehmen gehen, ist davon auszugehen, dass sich die Inflationsraten auf einem höheren Niveau einpendeln.

In diesem Fall müssten die Notenbanken die monetären Zügel stärker anziehen, um ihre Inflationsziele zu erreichen. Neben allfälligen konjunkturellen Risiken ist deshalb für Anleger:innen auch die Frage von Interesse, in welchem Ausmass ein strukturell höheres Zinsniveau die Aktienbewertungen tangieren könnte.

Inflationsraten - Entwicklung der letzten 5 Jahre (in %)

Chart: Inflationsraten der letzten 5 Jahre
Quelle: LLB, Bloomberg

 

In den vergangenen Monaten haben Anleger:innen einen starken Zinsanstieg an den globalen Obligationenmärkten gesehen. So haben sich beispielsweise die Zinsen 10-jähriger Staatsanleihen in den USA seit Anfang März 2022 von 1.75 % auf über 4 % erhöht.

Der Schweizer Eidgenosse ist im gleichen Zeitfenster von knapp über 0 % in Richtung 1.5 % gelaufen und die deutschen Bundesanleihen von leicht unter 0 % auf 2.25 % und mehr.

Die Verluste in den Anleihenpreisen sind markant und es zeigt sich, dass der Obligationenmarkt bereits seit längerer Zeit mit der Verarbeitung der Inflationsthematik beschäftigt ist.

Die deutlich gestiegenen Renditen der Obligationen sorgen sicherlich für bessere Performancepotenziale in der Zukunft. Gleichzeitig führen die höheren Kupons zu einem Ausgleich eventueller Kursverluste, falls die Renditen weiter steigen sollten.

Die Risikoaufschläge von Unternehmensanleihen sind zwar gestiegen, zeigen aber im aktuellen Umfeld noch keine Anzeichen von akutem Stress. In der Summe können erstklassige konservative Unternehmensanleihen von Schuldnern ausserhalb des Technologiesektors und des Sektors zyklischer Konsumgüter als attraktiv angesehen werden.

Anleihen in Euro und Schweizer Franken mit kürzeren Laufzeiten können den Anleger:innen ebenfalls den gewünschten Schutz bieten. Das verbindende Element in diesen vermögenssichernden Massnahmen ist die Fokussierung auf qualitativ gute und überzeugende Schuldner und die Wahl von Obligationenlaufzeiten am kürzeren Ende, um nicht zu hohes Zinsänderungsrisiko ins Depot zu laden.

Kapitalmärkte in den 70er Jahren

Chart: Kapitalmärkte in den 70er Jahren
Quelle: LLB, US BLS

 

Ebenso hat sich auch bei den Aktienmärkten einiges getan – leider mit einem negativen Vorzeichen. Seit dem 14. Juni 2022 befindet sich der globale Aktienmarkt in einem sogenannten «Bärenmarkt». Damit sind Aktienmarktkorrekturen gemeint, die einen Kursrückgang von mehr als 20 Prozent vom letzten Höchststand betragen.

Die zentrale Frage lautet: Was nehmen die Märkte nun schon vorweg?

Das Geschehen an den Kapitalmärkten deutet darauf hin, dass die Investor:innen dem zu lange zögerlichen Kurs der Notenbanken nur noch wenig Vertrauen entgegenbringen. Das Vorgehen der Währungshüter wirft immer mehr die Frage auf, wie sie die Inflation eindämmen wollen, ohne gleichzeitig eine Rezession auszulösen.

Gleichzeitig macht sich massiver Konjunkturpessimismus breit, ausgedrückt in fallenden Aktienpreisen. Die gegenwärtige Marktsituation legt eigentlich eine unmittelbar nahende (globale) Rezession nahe.

Es ist völlig klar, dass wir das am Markt diskutierte Risiko einer Stagflation laufend analysieren und beurteilen. Könnten doch dadurch die Unternehmensgewinne von den momentan noch sehr ansprechenden Werten in einen noch positiven einstelligen Bereich beim Gewinnwachstum zurückfallen.

Unseres Erachtens sind die Investor:innen mittlerweile aber zu pessimistisch, so dass wir in dieser Situation ein gewisses und für die Anleger:innen passendes Engagement in Aktien nicht missen wollen.

«Unseres Erachtens sind die Investor:innen mittlerweile zu pessimistisch, was die Aussichten an den internationalen Börsen angeht.»
Portrait Bernhard Schmitt
Bernhard Schmitt
Experte für nachhaltiges Anlegen bei wiLLBe

In welche Unternehmen sollte bei einer Stagflation investiert werden?

Eine generelle Rezeptur für die richtigen Aktiensektoren in Phasen einer Stagnation ist nur schwer abzuleiten, da es seit dem 2. Weltkrieg weltweit glücklicherweise nicht so viele Stagnationsperioden gegeben hat. Zudem spielen ebenso das Zinsniveau und die anfängliche Aktienmarktbewertung eine wichtige Rolle.

Wagt man einen Blick in die Vergangenheit, sind Sektoren wie Basiskonsumgüter, Energie und Versorger durchaus gut mit dieser Rahmenbedingung zurechtgekommen. Schwerer hatten es schon Sektoren wie Finanztitel, Kommunikationsdienstleistungen und das gesamte Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffsegment. Grundsätzlich ist indes festzuhalten, dass solide und nachfragestabilere Geschäftsmodelle zu bevorzugen sind.

Blickt man auf die möglichen Stilrichtungen an den Aktienmärkten, so konnten sich Dividendenstrategien sowie schwach volatile Aktien in diesen Zeiträumen gut aus der Affäre ziehen. Bei der Länderallokation ist zudem der Aktienmarkt Schweiz zu nennen, der fast schon als sicherer Hafen in schwerer See angesehen werden kann.

Qualität und überzeugende Geschäftsmodelle sind unverändert zu favorisieren.

«Der Aktienmarkt Schweiz kann im aktuellen Umfeld als sicherer Hafen in schwerer See angesehen werden.»
Portrait Bernhard Schmitt
Bernhard Schmitt
Experte für nachhaltiges Anlegen bei wiLLBe

Welchen Einfluss hat die Stagflation auf SDG-Anstrengungen der Unternehmen?

Wie die Vergangenheit gezeigt hat, sind die Phasen einer herausfordernden wirtschaftlichen Entwicklung immer wieder auch der Anfang von kreativen Folgeperioden mit vielen unternehmens- und produktspezifischen Verbesserungen und Innovationen.

Überträgt man dies auf die wissenschaftlichen Erkenntnisse des grossen österreichischen Nationalökonomen Joseph Schumpeter, so kann man auch in diesem Zusammenhang von der schöpferischen Zerstörung sprechen. Es können sicherlich viele Rückkoppelungen zwischen Inflation, Stagnation und Innovation beschrieben werden.

Einen sehr augenfälligen Einfluss zwischen Inflation und den SDG (Sustainable Development Goals; Ziele für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen) ist in den hohen Energiepreisen und ihrer Auswirkung auf einen sparsameren Umgang in den Unternehmen und Produktionsketten zu sehen.

Güter und Dienstleistungen, die tendenziell oder sogar strukturell teurer werden, erfahren eine Abnahme der Nachfrage und haben das «Risiko», substituiert zu werden. Das Ersetzen von fossilen Energieträgern ist in diesem Zusammenhang zugegeben ein positives Risiko aus Nachhaltigkeitssicht. 

Einfluss von Stagflation auf SDG-Anstrengungen

Ebenso zahlt ein Umbau der Energiewirtschaft und das Finden neuer nachhaltiger Energiequellen, um bestehende Abhängigkeiten von den bekannten fossilen Energieformen sowie Rohstoffstandorten zu reduzieren, sehr positiv auf das SDG 9 ein – dies mit dem Fokus, die Welt auf den Gebieten der Industrien und besonders der Infrastruktur zu transformieren.

Preise können und haben bei diesen Entwicklungen eine sehr gute Lenkungsfunktion. Bei wiLLBe adressieren wir mit unseren Impact-Themen und -Aktien genau diese Punkte und nachhaltige globale Entwicklungsziele.

Nachdem unsere Anleger:innen direkt von der taktischen Vermögensallokation der Liechtensteinischen Landesbank profitieren können, die eine dynamische Asset Allocation verfolgt, wird der Stagflationsthematik im Sinne einer passenden Vermögensallokation laufend Rechnung getragen.

wiLLBe ermöglicht den Anleger:innen, am laufenden Wandel zu mehr Nachhaltigkeit und innovativen Lösungen teilhaben zu können.

Portrait Bernhard Schmitt

Bernhard Schmitt

Experte für nachhaltiges Anlegen bei wiLLBe

Umfassend nachhaltig anlegen und gleichzeitig immer die Rendite im Auge zu behalten, dies ist für Bernhard Schmitt die magische Formel bei wiLLBe. Für diese Mission ist er als Fondsmanager offen, neue Technologien und datengesteuerte Prozesse einzusetzen, damit du deine Anlageziele erreichst und gleichzeitig Gutes für die Welt tust. Bernhard ist ein alter Hase im Investmentgeschäft. Nachhaltige Investitionen fördern und Finanzdienstleistungen transformieren, ist ihm sehr wichtig. Lass dich bei deinen Investments von Bernhards Ideen inspirieren.